Digital souverän? – Kompetenzen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter

Kurzbeschreibung

Es handelt sich hier um eine Foresight-Studie (mit Blick in die Jahre 2030-2040), die untersuchen will, was wir heute tun müssen, um morgen (noch) souverän zu sein. Digitale Souveränität bedeutet, digitale Technologien zum eigenen und zum Gemeinwohl kompetent zu nutzen sowie die Potenziale, Folgen und Implikationen dieser Nutzung zu verstehen und einzuschätzen – ein generationenübergreifendes und gesamtgesellschaftliches Ideal. Im Fokus der Betrachtung stehen ältere Menschen. Mittels einer Literaturanalyse, Online-Umfrage, Expert*inneninterviews und Werkstattgesprächen wird untersucht, welche Kompetenzen jetzt gefördert werden müssen, um auf die digitalen Herausforderungen der Zukunft vorbereitet zu sein. Digitale Kompetenzen werden als prominentester Teil von Digitaler Souveränität hervorgehoben. Sie beinhalten die sachgerechte Bedienung und die Reflektion im Umgang digitaler Medien und Technologien.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Digitalisierung ist neben dem demografischen Wandel und der Globalisierung wichtige Treiberin für ökonomischen und gesellschaftlichen Wandel. Wenn die digitale Infrastruktur nicht ausreichend vorhanden ist, wird die Digitalisierung zur Gefahr, trotz ihres Chancenreichtum. Vor allem ländliche Bereiche laufen Gefahr, in Feldern der E-Health und E-Government abgehängt zu werden. Es braucht mehr Angebote und Infrastruktur für alle, um digitale Kompetenzen zu erwerben. Andere Länder wie Estland, Israel, Österreich oder Schweden sind Deutschland in dieser Hinsicht voraus. Vor allem bei älteren Menschen besteht die Gefahr in den nächsten Jahren "digital das Nachsehen" zu haben.

Kompetenzanforderungen

Welche Wege und Lösungen lassen sich aufzeigen, um ältere Menschen darin zu unterstützen, digitale Souveränität zu erreichen und zu leben? Da digitale Souveränität auf verschiedene Weisen gestärkt werden kann, werden hier fünf Thesen postuliert. Eine davon besagt, dass der digitale Wandel Orientierungs- und Gestaltungskompetenz sowie die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen erfordert. Konkret damit gemeint ist, ob ältere Menschen digitale Technologien, die in der Zukunft noch relevanter werden (z.B. Sprachassistenzsysteme, Smart-Home-Technologien & E-Health Anwendungen) bedienen aber auch kritisch reflektieren können. Hinzu kommen die Fähigkeiten, digital mit der Familie zu kommunizieren oder auch Waren online zu kaufen. Was sich ältere Menschen, die an dem Werkstattgespräch teilnehmen, für die Zukunft wünschen, ist, digitale Prozesse (z.B. Datenaustausch) zu verstehen und dazu eine eigenen Position beziehen zu können. Daraus erhoffen sie sich mehr Selbstbestimmung, um am öffentliche Diskurs übr digitale Prozesse aktiver teilzunehmen.

Kompetenzdimensionen

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Bedienen von Smartphone und Tablet; Suchen von Inhalten; Umgang mit Webbrowser; E-Mail Progamme und Instant Messenger bedienen.

Kognitive Dimension: Bedienen von Smartphone und Tablet; Erkennen von Fake News.

Kreative Dimension: Umgang mit gestalterischer Software; Teilnahme an partizipativen Innovationsprojekten.

Soziale Dimension: souveräner Umgang mit Anfeindungen in sozialen Netzwerken.

Kritisch-reflexive Dimension: Bewusstsein, dass durch Internetdienste persönliche Daten weitergegeben werden; Erkennen von Fake News; Phishing-Mails erkennen; Umgang mit technischen Problemen; Durchsetzung digitaler Rechte; souveräner Umgang mit Anfeindungen in sozialen Netzwerken.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Die Autor*innen beschreiben Kompetenz als Fähigkeit sich in verschiedenen Lebenssituationen reflektiert, sachgerecht und sozial verantwortlich zu zeigen. Digitale Kompetenz beschreiben sie als sachgerechte Bedienung digitaler Technologien und die Reflektion des Umgangs mit diesen Technologien. Für die Zielgruppe der älteren Menschen wird vor allem das lebenslange Lernen bzw. die Bereitschaft dazu als innere Haltung und Kernkomponente von Kompetenz genannt.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

Digitale Kompetenzen bedeuten für die Teilnehmer*innen der Gesprächsrunde zum einen soziale Teilhabe. Sie wünschen sich zudem mehr Mitbestimmung in Sachen Datenschutz und Sicherheit. Als Hindernisse wird die überwältigende Komplexität der digitalen Medien genannt, die u.a. an der Verwendung von Angliszismen liegt. Niederschwellig zugängliche Erlebnisräume, in denen experimentiert werden kann, würden sie als dienlich beschreiben. Außerdem wird auch darüber reflektiert welche Kompetenzen ältere Menschen im Kontext der Digitalisierung einbringen können (z.B. die Lebenserfahrung und eine kritische Distanz gegenüber neuen Technologien).

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Vor allem im Arbeitspaket "Zukunftswerkstatt" wurden die Lebenskontexte älterer Menschen im Gespräch mit Expert*Innen einbezogen. Zum Beispiel wurde von Seiten der älteren Menschen in der "Zukunftswerkstatt" angeführt, dass ihr Leben schon digitalisiert ist und es weniger um die technische Ausstattung als um die kritische Auseinandersetzung mit den Technologien geht. Theoretisch wird vor allem über die Individualisierung von Lebensentwürfen reflektiert und auch ein Wandel der Altersbilder angeführt. Gesellschaftlich sollen ältere Menschen nicht nur als unterstützungbedürftig gesehen werden, sondern auch ihre individuellen Lebensstile Beachtung finden. Die gängigen Altersbilder werden der Realität nicht gerecht und die Autor*innen beziehen sich auf den Generali Zukunftfonds indem sie anführen: 58 Prozent der 65-85-Jährigen, würden sich selbst nicht als alten Menschen beschreiben. Eine der Expertinnen hebt nochmals hervor, dass viele ältere Menschen die digitale Transformation auf den Weg gebracht haben. Es gibt also über 65-Jährige deren Bedürfnisse und Kompetenzen im digitalen Bereich, so vielfältig sind wie unter jüngeren Generationen.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

keine Angabe

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Familiäre Kommunikation, Alltagsorganisation und das Kaufen von Waren sind große Motivatoren für Ältere, um digitale Kompetenzen zu erwerben. Weiterhin konnte in der Umfrage bei Kompetenzvermittler*innen aufgezeigt werden, welche Formate meistens angewandt werden, darunter: 1-zu-1 Beratung, Sprechstunde, Workshops und Digital-Stammtische. Generell wurde auch festgestellt, dass in Zukunft nicht nur das reine Bedienen von neuen Technologien ausreiche, sondern auch weitere Komptenzen hinzu kommen. Als Beispiel werden Bürgerdialoge und partizipative Forschungsprojekte genannt. Kreativität und die Fähigkeit, gemeinsam an Inhalten und Formen zu arbeiten sind dafür wichtig. Welche Komptenzen derzeit an ältere Menschen vermittelt werden, konnte in der Umfrage auch erfasst werden: Zu 60% werden Bedienungswissen (z.B. grundsätzliche Menuführung am PC/Smartphone), zu 29% Orientierungswissen (z.B. potenzielle Gefahren und Risiken im Internet bzw. digitale Sicherheit) und zu 11% Gestaltungswissen (z.B. Umgang mit gestalterischer Software) vermittelt. Für den Zukunftsblick 2030 halten die Autor*innen fest, dass digitale Kompetenzen noch mehr als heute eine Bedingung für soziale Teilhabe darstellen werden. Vielfältige niederschwellige Bildungsangebote sollen ausgeweitet werden. Zuletzt wird das Orientierungswissen im digitalen Raum (z.B. Implikationen des Datenaustauschs) als wichtige Kernkomponente für digitale Kompetenz genannt.

Quellenangabe

Stubbe, J., Schaat, S., & Ehrenberg-Silies, S. (2019). Digital souverän? Bertelsmann Stiftung. https://doi.org/10.11586/2019035

Zuletzt geändert am 16. Juli 2024.