Digitale Transformation in Schulen – Kompetenzanforderungen an Lehrpersonen
Kurzbeschreibung
In diesem Artikel wird zunächst ein Rahmenkonzept zu digitalen Kompetenzen von Lehrpersonen vorgestellt. Es unterteilt digitale Kompetenzen in drei Bereiche (Professionswissen, instrumentelle Fertigkeiten und Wissen im Umgang mit digitalen Medien sowie motivational-affektive Merkmale), welche zum Teil - auch abhängig von der Anforderungsebene (Schul- vs. Unterrichtsebene) - in weitere Kompetenzfacetten unterteilt werden. Ausgehend von diesem Rahmenkonzept wurde mithilfe von Expert*inneninterviews und Fokusgruppendiskussionen ein Testinstrument zur Erfassung der sechs Kompetenzfacetten des Rahmenkonzepts entwickelt. Anhand einer Stichprobe von 215 Lehrpersonen wurde das Instrument getestet und die digitalen Kompetenzen der Befragten erfasst. Aus den Ergebnissen leiten die Autor*innen Implikationen für die Einbindung digitaler Kompetenz in die Lehrer*innenausbildung ab.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Es ergeben sich fortlaufend Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung, die - ähnlich wie der Begriff der digitalen Transformation - in vorliegendem Text als Megatrend bezeichnet wird. In ihrer fortgeschrittenen Form bezieht sich Digitalisierung vor allem auf die Erweiterung des Internets durch die Vernetzung von Dingen sowie auf Big Data und die zunehmende Verwendung von künstlicher Intelligenz. Die Auswirkungen dieser technologischen Entwicklungen auf die Schule werden unterschiedlich eingeschätzt. Auf der einen Seite betonen Menschen z.B. positiv, dass durch künstliche Intelligenz oder Big Data personalisierter Unterricht möglich wird. Auf der anderen Seite bestehen z.B. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. Einigkeit besteht darüber, dass mit der Digitalisierung tiefgreifende Änderungen einhergehen und Implikationen bislang kaum Gegenstand der pädagogischen Forschung sind. Der vorliegende Artikel setzt sich mit den Bedeutungen und Folgen dieser Entwicklungen für berufsbildende Schulen auseinander.
Kompetenzanforderungen
Lehrer*innen sollen digitale Medien im Unterricht einsetzen und den digitalen Wandel der Schule mitgestalten.
Kompetenzdimensionen
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Wissen zur Beratung und Organisation, zur Zusammenarbeit in Teams und Netzwerken; Wissen zum Umgang mit digitalen Medien, z.B. Erstellen digitaler Inhalte; digitales Problemlösen.
Kognitive Dimension: Erstellen digitaler Inhalte; digitale Probleme lösen; Umgang mit digitalen Informationen fördern; digitale Sicherheit gewährleisten.
Affektive Dimension: Einstellungen der Lehrer*innen gegenüber der digitalen Transformation und der eigenen Kompetenzentwicklung positive wie negative Einstellungen (Freude, Ängste).
Kreative Dimension: Erstellen digitaler Inhalte.
Soziale Dimension: Digitale Kommunikation und Zusammenarbeit.
Kritisch-reflexive Dimension: Digitale Sicherheit gewährleisten.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Digitale Kompetenzen entsprechen in diesem Text professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen im Kontext des digitalen Wandels. Der Begriff der Medienkompetenz wird nicht gewählt, da er zum einen ein breites Verständnis von Medien (darunter auch analoge Medien) impliziert. Zum anderen möchten die Autor*innen Kompetenzen nicht nur mit Blick auf Medien als Lehrinhalt bzw. Lehrmethode betrachten, sondern auch Kompetenzen, die Lehrer*innen zur Gestaltung des digitalen Wandels im Rahmen einer Schulentwicklung benötigen.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
In der Befragung wurde über die einzelnen Medienkompetenzfacetten hinaus Nutzungshäufigkeit mit zwei Schwerpunkten erfasst. Zum einen wurde untersucht, wie oft Lehrer*innen das Thema der Digitalisierung in ihrem Unterricht behandeln, und zum anderen, wie häufig sie sich digitaler Medien zur Unterrichtsgestaltung bedienen. Außerdem integriert das Modell persönliche Bedingungen der Schüler*innen. So wird beispielsweise gefordert, dass Lehrer*innen das Mediennutzungsverhalten ihrer Schüler*innen berücksichtigen sollten.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
Selbsteinschätzungen sind nicht für die Beurteilung von Lehrpersonen geeignet, sondern schaffen eine Diskussionsgrundlage, auf der aufgebaut werden kann. Außerdem kann es durch die Freiwilligkeit der Befragung sein, dass weniger kompetente Personen sich nicht beteiligt haben. Daher könnte die Ausprägung digitaler Kompetenzen aller Lehrpersonen (der Gesamtpopulation) niedriger ausfallen. Eine weitere Limitation der Studie besteht darin, dass die Befragung nur an berufsbildenden Schulen in der Deutschschweiz stattfand. Inwiefern sich die Ergebnisse auf andere Gruppen (z.B. Länder oder andere Bildungsstufen) übertragen lassen, bleibt offen.
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
Die selbsteingeschätzten digitalen Kompetenzen der Lehrpersonen liegen in einem neutralen bis hohen Bereich. So schätzen z.B. ca. 75 Prozent der befragten Lehrer*innen ihre digitalen Fertigkeiten und ihr Wissen eher hoch ein, wobei sich in einem Vergleich zwischen Schulen in einer Gruppe eine breitere Streuung zeigt. Auch bei mediendidaktischem Wissen zeigt sich in den Einschätzungen eine breite Streuung. Die Autor*innen empfehlen, alle Kompetenzfacetten systematisch zu fördern, allerdings nicht alle gleichzeitig, um Überforderung zu vermeiden. Vor allem mediendidaktisches sowie allgemeines pädagogisches Wissen bedürfen der Förderung. Aber auch die Förderung digitaler Fertigkeiten sowie instrumenteller Fertigkeiten und Wissen im Umgang mit digitalen Medien sind wichtig.
Quellenangabe
Seufert, S., Guggemos, J., & Tarantini, E. (2018). Digitale Transformation in Schulen – Kompetenzanforderungen an Lehrpersonen. Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Zeitschrift zu Theorie und Praxis der Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern, 36(2), 175-193.