Die Förderung von Medienkritikfähigkeit zur Prävention der Wirkung extremistischer Online-Propaganda

Kurzbeschreibung

Der Beitrag gibt zunächst einen Überblick über Medienkompetenz. Insbesondere auf Kompetenzmodelle von Baacke und Groeben wird eingegangen. Im Fokus steht anschließend, auch mit Blick auf das Konzept nach Ganguin und Sander, die Medienkritikfähigkeit. Diese wird als Facette von Medienkompetenz vorgestellt, deren Förderung im Hinblick auf die Prävention der Wirkung extremistischer Online-Propaganda von besonderer Bedeutung ist. Die Autor*innen nehmen dabei Bezug auf das Projekt CONTRA. Dieses befasst sich präventiv mit der Förderung von Medienkritikfähigkeit im Umgang mit Propaganda. Zur Förderungen von Medienkritikfähigkeit wurde in CONTRA ein Konzept entwickelt, welches drei Präventionsebenen unterscheidet - nämlich Awareness, Reflection und Empowerment. Diese Ebenen werden zunächst erläutert und anschließend zu bestehenden erziehungswissenschaftlichen Forschungsarbeiten in Beziehung gesetzt.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

Im Zuge der Digitalisierung dient das Internet vielen Menschen als (politische) Informationsquelle. Zudem findet online Meinungsbildung statt. Allen Menschen ist es jederzeit möglich, Informationen zu erstellen, abzurufen und zu verbreiten. Auch die Grenzen zwischen Werbung, user-generated Content und redaktionell erstellten Inhalten werden zunehmend undeutlicher. Dadurch wirkt sich die Digitalisierung auf politische Informationen und die Meinungsbildung aus. Aus diesem Grund sollen Menschen befähigt werden, Medieninhalte sowie deren Wirkung zu reflektieren, zu interpretieren und zu bewerten sowie Medien gezielt zur politischen Informationsgewinnung und zur eigenen Mitwirkung an der öffentlichen Willensbildung einzusetzen.

Kompetenzanforderungen

Die Autor*innen beschreiben angesichts der Verbreitung von Propaganda im Internet zahlreiche Kompetenzanforderungen an Schüler*innen. Diese sollen beispielsweise lernen, Verknüpfungen von Videos mit zweifelhaften Kanälen zu erkennen bzw. solche Videos kritisch zu hinterfragen, sowie verantwortungsvoll im Diskurs (über Extremismus allgemein sowie radikale Medienbotschaften speziell) zu partizipieren. Im Mittelpunkt des Beitrags steht die kritisch-reflexive Kompetenzdimension in Form von Medienkritikfähigkeit. Um diese zu fördern, wurde ein Modell mit folgenden drei Zieldimensionen der primären Prävention erarbeitet: Awareness, Reflection sowie Empowerment.

Kompetenzdimensionen

Kognitive Dimension: Wissen über die Funktionsweise von Medien, ihre vermuteten Produktionsumstände sowie über ihre potenziellen Wirkungen; Aufmerksamkeit für radikale Botschaften im Netz, d.h. Wissen darüber, dass man auf Online-Portalen auf Propagandainhalte stoßen kann; Medienhalte verstehen und ihre Eigenschaften (z.B. inhaltliche Qualität, Glaubwürdigkeit, Sender*in) analysieren; Analyse und Evaluationsfähigkeiten in Bezug auf Online-Inhalte; kognitive Auseinandersetzung mit Inhalten und Systemen, z.B. um Informationen, deren Suche, Auswahl, Verständnis und Beurteilung.

Affektive Dimension: Fähigkeit des Genussempfindens bei der Nutzung von Medien.

Soziale Dimension: Anschlusskommunikation über Medien, d.h. Fähigkeit und Motivation, am Diskurs über Medieninhalte und -systeme teilnehmen zu können; gezielter Einsatz von Medien zur politischen Informationsgewinnung sowie zur eigenen Mitwirkung an der öffentlichen Willensbildung; Wissen über Propaganda und Handlungsmöglichkeiten nutzen, z.B. Inhalten hasserfüllter Videos oder Kommentare etwas entgegensetzen.

Kritisch-reflexive Dimension: Analytische, reflexive, soziale und ethische Einordnung bzw. Beurteilung medialer Inhalte; Behauptung einer eigenständigen Position gegenüber Medien und ihren Inhalten; Erkennen von Verknüpfungen von Videos mit zweifelhaften Kanälen; kritisches Hinterfragen aufgerufener Videos.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Die Autor*innen verstehen Medienkompetenz als etwas Normatives. Sie bildet einen wichtigen Bestandteil demokratischer Handlungskompetenz. Zugleich ist es herausfordernd, Medienkompetenz zu definieren, da sowohl der Begriff des Mediums als auch der Kompetenzbegriff nicht leicht zu fassen sind. Kompetenz allgemein ist eine potentielle Fähigkeit, auf welche man nur durch das Handeln der Menschen Rückschlüsse ziehen kann. Verbunden werden zahlreiche Definitionen durch den Aspekt der Medienkritikfähigkeit. Dieser beschreibt als Sammelbegriff "eine Vielzahl an mentalen Prozessen, die bei der Rezeption, Ananlyse und Bewertung von medialen Botschaften beteiligt sein können" (S. 32).

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

keine Angabe

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Die Autor*innen heben die Schule als relevant für die Förderung von Medienkompetenz heraus. Dort wird eine strukturierte und zielgerichtete Förderung möglich. Eine wichtige Bedingung dafür ist die Medienkompetenz der Lehrkräfte. Hier wird darauf hingewiesen, dass eine Herausforderung - so legen es Studien nahe - darin besteht, dass Lehrkräfte sich sowohl allgemein im Umgang mit Medien unsicher fühlen, als auch, wenn es speziell um problematische Online-Inhalte geht. Außerdem wird angemerkt, dass sich schulische Medienerziehung am sozialen Kontext sowie der Lebenswelt der Schüler*innen orientieren sollte.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

keine Angabe

Quellenangabe

Schmitt, J. B., Ernst, J., Rieger, D., & Roth, H.-J. (2020). Die Förderung von Medienkritikfähigkeit zur Prävention der Wirkung extremistischer Online-Propaganda. In J. B. Schmitt, J. Ernst, D. Rieger & H.-J. Roth (Hrsg.), Propaganda und Prävention (S. 29-44). Springer VS.

Zuletzt geändert am 16. Juli 2024.