What do we know about algorithmic literacy? The status quo and a research agenda for a growing field
Kurzbeschreibung
Der vorliegende Beitrag ist eine Literaturanalyse, in welcher der aktuelle Forschungs- und Wissensstand zu 'algorithmic literacy' (algorithmische Kompetenz) vorgestellt wird. Basierend auf 96 untersuchten Artikeln, beschreiben die Autor*innen, wie algorithmische Kompetenz definiert ist und wie sie messbar gemacht werden kann. Sie schlagen eine Agenda mit vier Richtungen vor, auf die sich künftige Forschung konzentrieren könnte: (1) Abwägung zwischen den Erwartungen der Nutzer*innen an Algorithmuskompetenz und der Verantwortung der Entwickler*innen für Algorithmentransparenz, (2) Methoden zur Einbindung der Nutzer*innen in die Steigerung ihrer Kompetenz, (3) Weiterentwicklung der affektiven und verhaltensbezogenen Facetten von Kompetenz und (4) die Auseinandersetzung mit einer neuen algorithmischen Kluft. Dieser Eintrag bezieht sich auf die Preprint-Version.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Fast alle Menschen kommen im Alltag auf bestimmte Weisen mit Algorithmen in Kontakt (z.B. über Social Media). Während manche Menschen sich zunehmend algorithmischen Kompetenzen und Wissen über den Einsatz von Algorithmen aneignen, werden andere abgehängt. So entsteht eine Kluft, die zu digitalen Ungleichheiten führt.
Kompetenzanforderungen
Es werden verschiedene Aspekte benannt. Zur koginitiven Dimension zählen das Wissen, Verstehen und Bewusstsein über Algorithmen. Die affektive Dimension umfasst das Fühlen und Gefühle wie Abneigung oder Wertschätzung. Zur verhaltensfokussierten Dimension zählen das Verhalten, das Engagement und Kompetenzen/Skills.
Kompetenzdimensionen
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Skills im Umgang mit Algorithmen.
Affektive Dimension: Abneigung oder Wertschätzung von Algorithmen.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Eine zentrale Annahme ist, dass generell nur begrenztes Wissens über die Funktionsweise von Algorithmen existiert. Daher können die Nutzer*innen nur ihre eigenen Vorstellungen darüber entwickeln, was Algorithmen sein können und wie sie funktionieren. So können Nutzende zum Beispiel Zusammenhänge zwischen ihrem Nutzungsverhalten auf Facebook und der angezeigten Werbung herstellen. Basierend auf solchen wiederholten Erfahrungen entwickeln die Nutzer*innen dann Theorien, um die Ergebnisse, Wirkungen oder Folgen technologischer Systeme zu erklären, die wiederum das Zusammenwirken mit diesem Systemen steuern.
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
Es wird ein expliziter Fokus auf das Alter, Geschlecht, den ethnischen Hintergrund und weitere marginalisierte Gruppen, wie LGBTQ+ oder Menschen mit Beeinträchtigung gelegt.
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
Das Verständnis der Nutzer*innen von Algorithmen zu erforschen ist herausfordernd, weil Algorithmen erstens weitgehend unzugänglich und zweitens von Plattform zu Plattform unterschiedlich sind. Plattformen, die auf Nutzer*innendaten angewiesen sind (z. B. Meta), legen nicht offen, wie ihre Algorithmen funktionieren. Zweitens können andere Plattformen (z. B. Twitter und TikTok) auf der Grundlage weitgehend unterschiedlicher Algorithmen funktionieren, was bedeutet, dass selbst wenn ein Algorithmus offengelegt wird, die Nutzer*innen möglicherweise nicht sinnvoll über andere informiert sind. Drittens sind Algorithmen von Haus aus dynamisch und lernen ständig aus den Nutzendendaten, um ihre Ergebnisse zu verbessern, so dass es schnell an fehlender Aktualität mangelt.
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
Ein zentraler Befund ist die vierstufige Agenda für zukünftige Forschung zu 'algorithmic literacy': Erstens sollten Algorithmus-Kompetenzen unter Einbeziehung der Plattform-Transparenz über die Nutzung von Algorithmen betrachtet werden müssen. Von Forscher*innen sollte festgelegt werden, was die Nutzenden überhaupt wissen können (kognitive Kompetenzdimension). Zusätzlich zur Verantwortung der Unternehmen sollte ein erhöhtes Engagement der Nutzenden durch (1) Neugier, (2) Motivation, (3) Kontrolle und (4) Übung gefördert werden. Außerdem sollte die affektive Kompetenzdimension und das Verhalten der Nutzenden gestärkt werden. Zu guter Letzt sollte ein Blick auf den 'digital divide' geworfen werden und bei der Erhebung von algorithmischen Kompetenzen gefragt werden: Wer weiß was und warum?
Quellenangabe
Oeldorf-Hirsch, A., & Neubaum, G. (2023). What do we know about algorithmic literacy? The status quo and a research agenda for a growing field. New Media & Society, 0(0). https://doi.org/10.1177/14614448231182662