Computer- und informationsbezogene Kompetenzen und Computational Thinking: Ein Überblick über die Konstrukte der International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2018)
Kurzbeschreibung
In dieser Sekundäranalyse werden zwei Kompetenzkonstrukte, nämlich die computer- und informationsbezogene Kompetenzen und Computational Thinking, wie sie bei ICILS 2018 (International Computer and Information Literacy Study), einer international vergleichenden Schulleistungsstudie, operationalisert und gemessen wurden, vorgestellt. In der ICILS wurden die Kompetenzen von Schüler*innen mit standardisierten computerbasierten Leistungstests gemessen. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen werden als Fähigkeiten (z. B. Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen, Bewertung dieser) bezeichnet, die gesellschaftliche Teilhabe erlauben (Arbeit, Schule, häusliches Umfeld). Das Konstrukt der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen besteht aus zwei Strukturelementen, nämlich Teilbereiche (Strands), welche konzeptionelle Kategorien bilden, die die Fähigkeiten und Wissensbestände der Schüler*innen unterscheiden und Aspekte (Aspects), die zu den jeweiligen Teilbereichen gehören und mit denen die jeweils spezifischen Inhalte innerhalb eines Teilbereiches konkretisiert werden. Kompetenzen im Bereich computational thinking beziehen sich auf "die Fähigkeit einer Person, Apsekte realweltlicher Probleme zu identifizieren, die für eine [informatische] Modellierung geeignet sind also algorithmische Lösungen für diese (Teil-)Probleme zu bewerten und selbst so zu entwickeln, dass diese Lösungen mit einem Computer operationalisiert werden können". In ICILS wird dieser Kompetenzbereich in zwei Teilbereiche geteilt: 1. Die Konzeptionalisierung von Problemen und 2. die Fähigkeit zur Operationalisierung von Lösungen. Teilbereich 1 (verfügt über drei Aspekte) bezieht sich darauf, dass Probleme erst verstanden, aufbereitet und gestaltet werden müssen, bevor Lösungen entwickelt werden können. Teilbereich 2 (verfügt über zwei Aspekte) bezieht sich auf die Operationalsierung von Lösungen mit zwei Aspekten, einmal Lösungen planen und bewerten, dann Algorithmen, Programme, Schnittstellen entwickeln. Es kann festgestellt werden, dass dieser Kompetenzbereich Problemlösungsprozesse beschreibt.
Annahmen über die Folgen der Digitalisierung
Die Digitalisierung umfasst alle Gesellschaftsbereiche, wodurch es zur Aufgabe von Bildungsinstitutionen wird, Schüler*innen für diesen Wandel mit den entsprechenden Kompetenzen auszurüsten, damit ihnen eine Teilhabe an der technisierten Gesellschaft möglich ist.
Kompetenzanforderungen
keine Angabe
Kompetenzdimensionen
Instrumentell-qualifikatorische Dimension: grundlegende Konventionen der Computernutzung verstehen und anwenden können, u. a. Befehle und Funktionen in gängigen Softwareumgebungen, zum Beispiel Bilder bearbeiten, Texten kopieren und einfügen (Copy & Paste) oder Dateitypen erkennen; digitale Informationen speichern; Informationen aufbereiten und organisieren; Kenntnisse über verschiedene Kommunikationstools; Kenntnisse zum Umgang mit privaten Informationen; Nutzung von sicheren Passwörtern.
Kognitive Dimension: digitale Informationen identifizieren, lokalisieren, abrufen und filtern, z.B. Informationen von einer Internetseite auswählen oder Strategien anwenden, um Informationen zu finden und diese hinsichtlich ihrer Wichtigkeit, Verständlichkeit, Nützlichkeit und Vertrauenswürdigkeit zu bewerten; über Wissen und Verständnis von digitalen Systemen verfügen; ein Problem in kleinere überschaubare Teilprobleme aufzuteilen oder zu zerlegen; Funktionsweise von Computern grundsätzlich verstehen; grundlegende Kenntnisse über verschiedene Arten von Programmen und das Internet.
Kreative Dimension: Informationen aufbereiten können; Informationsprodukte, die an einen bestimmten Personenkreis gerichtet sind und/oder ein bestimmtes Ziel verfolgen, digital gestützt erstellen können; relevante Daten aus einem System erheben oder auswählen und diese in eine sinnvolle Form der Darstellung bringen; einen Algorithmus entwickeln oder implementieren und diesen automatisieren und ausführen.
Soziale Dimension: digitale Medien verwenden, um zu kommunizieren und Informationen mit anderen auszutauschen; die geeignetsten Kommunikationswerkzeuge für bestimmte Zwecke auswählen; Kenntnisse darüber, inwiefern Informationen in spezifischen Kontexten angemessen sind sowie, welche Auswirkungen Informationen, die über digitale Kommunikationswege geteilt werden, haben (können); Wissen über angemessenes Verhalten und die Fähigkeit, angemessenes Verhalten in sozialen Austauschprozessen beurteilen zu können.
Kritisch-reflexive Dimension: angemessenes Verhalten in sozialen Austauschprozessen beurteilen können; Lösungen aus verschiedenen Perspektiven planen und vor dem Hintergrund verschiedener Kriterien sowie der Fähigkeit der kritischen Bewertung abwägen.
Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz
Computer- und informationsbezogene Kompetenzen bilden eine fächerübergreifende Schlüsselkompetenz. Der Begriff wurde im Rahmen von ICILS neu eingeführt, da andere Kompetenzbegriffe inhaltlich zum Teil sehr unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Orientiert ist das Konzept computer- und informationsbezogener Kompetenzen am Literacy-Konzept. Entsprechend stehen anwendungsbezogene Kenntnisse und Fähigkeiten im Fokus, um aktiv an der Gesellschaft teilhaben zu können. Computational Thinking wird im Rahmen von ICILS wie folgt definiert: „Der Kompetenzbereich ‚Computational Thinking‘ bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, Aspekte realweltlicher Probleme zu identifizieren, die für eine [informatische] Modellierung geeignet sind, algorithmische Lösungen für diese (Teil-)Probleme zu bewerten und selbst so zu entwickeln, dass diese Lösungen mit einem Computer operationalisiert werden können“ (S. 41.).
Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?
keine Angabe
Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?
keine Angabe
Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz
Die Herausforderung der Messung und Operationalisierung von digitalen Kompetenzen liegt in der rapiden Entwicklung von Technologien und dadurch auch einer Veränderung benötigter Fähigkeiten.
Zentrale empirische Befunde über Kompetenz
In ICILS werden in Hinblick auf computer- und informationsbezogene Kompetenzen fünf Kompetenzstufen unterschieden. Befragte auf niedrigen Kompetenzstufen verfügen über basale Kompetenzen. Je höher die Kompetenzstufe, als desto umfangreicher werden Kompetenzen angesehen. So können Befragte auf der obersten Kompetenzstufe beispielsweise selbstständig und reflektiert digitale Medien in unterschiedlichen Bereichen nutzen. Die meisten Schüler*innen in Deutschland (43 Prozent) können der Kompetenzstufe III zugeordnet werden. Ein Drittel der Schüler*innen lassen sich auf den unteren Kompetenzstufen I und II, 22 Prozent auf der Kompetenstufe IV verorten. Nur 2 Prozent der Schüler*innen lassen sich auf der höchsten Kompetenzstufe verorten. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen korrelieren in Deutschland mit Computational Thinking vergleichsweise hoch. Mit Blick auf Computational Thinking fällt die Leistungsstreuung in Deutschland eher groß aus.
Quellenangabe
Gerick J., & Eickelmann B. (2022). Computer- und informationsbezogene Kompetenzen und Computational Thinking: Ein Überblick über die Konstrukte der Internation Computer and Information Literacy Study (ICILS 2018). In R. Knackstedt, J. Sander, & J. Kolomitchouk (Hrsg.), Kompetenzmodelle für den Digitalen Wandel (S. 33-48). Springer.