DILBES – Ein Modell zur Entwicklung berufsbezogener Digitalkompetenz an berufsbildenden Schulen in der ersten Phase der Lehrer:innenbildung

Kurzbeschreibung

Welche Digitalkompetenzen sollten Lehramstudierende während ihrer ersten Studienphase erwerben? Dieser Frage gehen die Autor*innen in vorliegendem Beitrag nach. Dazu stellen sie ein domänenspezifisches Kompetenzstrukturmodell vor, welches im Projekt „Digitale Lehre im Kontext der Lehramtsausbildung für berufsbildende Schulen“ (kurz: DiLbeS) entwickelt wurde. Das Modell fußt sowohl auf einer Analyse bestehender nationaler und internationaler Modelle zu Medien- und Digitalkompetenz als auch auf empirischen Erhebungen mit Lehramtsstudierenden. Das Modell unterscheidet angelehnt an Dieter Baackes Definition von Medienkompetenz die Dimensionen Digitalkunde, Anwendung und reflektierte Praxis. Hinzu kommt die Dimension der Pädagogik/Didaktik, die vor allem für den Bildungskontext relevant ist. Zudem werden in das Modell Rahmenbedingungen einbezogen, welche den Kompetenzerwerb beeinflussen können. Beispiele hierfür sind etwa technische Infrastruktur oder die Selbstwirksamkeit der Kompetenzträger*innen.

Annahmen über die Folgen der Digitalisierung

keine Angabe

Kompetenzanforderungen

Lehrkräfte stehen im Schulalltag vor vielfältigen Anforderungen. Detailliert sind diese unter der Überschrift Kompetenzdimensionen aufgeführt.

Kompetenzdimensionen

Instrumentell-qualifikatorische Dimension: Digitale Tools und Technologien, welche im schulischen Bereich zum Feedback-Geben geeignet sind, exemplarisch in einem Schonraum anwenden; Unterrichtsstrategien anpassen können.

Kognitive Dimension: Digitale Tools und Technologien kennen, welche im schulischen Bereich zum Feedback-Geben geeignet sind; (Anwendungs-)Wissen zu digitalen Umgebungen; fachrichtungsspezifisches Wissen über digitale Umgebungen, zum Beispiel Künstliche Intelligenz in der Pflege; Möglichkeiten der Zusammenarbeit in/mit digitalen Umgebungen im schulischen Kontext kennen; Content und Informationen suchen und managen können; Möglichkeiten der Diagnostik, Lernkontrolle und Leistungsbeurteilung in digitalen Umgebungen kennen und lernen, wie diese genutzt werden können; digitale Lehr- und Lernressourcen kennen; Wissen über Auswahlmechanismen.

Kreative Dimension: Digitale Elemente und Inhalte gestalten; Technologien kreativ nutzen; digitale Werkzeuge und Technologien kreativ einsetzen können, um (innovative) Produkte zu kreieren und zur Weiterentwicklung digitaler Umgebungen beizutragen; Technologien einsetzen, um Probleme zu lösen.

Soziale Dimension: Digitale Anwendungen für die Interaktion/Kollaboration im beruflichen Kontext nutzen und dabei angemessene Kommunikationswege wählen; digitale Anwendungen für die Zusammenarbeit erschließen können.

Kritisch-reflexive Dimension: Content und Inhalte evaluieren können; Unterrichtsstrategien anpassen können; berufsbezogene digitale Umgebungen reflektieren sowohl in Bezug auf Datenschutz als auch soziale, didaktische oder berufsbezogene Aspekte; Copyright- und Lizenzbestimmungen beachten und korrekt damit umgehen; Wahrheitsgehalt und Qualität von Content und Informationen beurteilen können; mit digitalen Tools und Technologien verbundene Strategien kennen, um Lernende zu aktivieren, sie zum selbstgesteuerten Lernen zu ermuntern sowie kollaborative Lernstrategien zu fördern.

Zentrale theoretische Annahmen über Kompetenz

Es gibt bereits eine Vielzahl von Modellen zu Medien- und Digitalkompetenz. Diese sind jedoch entweder allgemein gehalten, wie beispielsweise das von Dieter Baacke, oder sie sind auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten. Ein Digitalkompetenzmodell für Studierende des Lehramts an berufsbildenden Schulen fehlt bislang. Diese Lücke möchten die Autor*innen schließen. Um das DiLbeS-Modell zu entwickeln, waren zwei Kompetenzdefinitionen leitend, zum einen eine Definition von Handlungskompetenz als eine Kombination von Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenz. Diese Definition ist mit Blick auf die Zielgruppe von Bedeutung, da der Begriff der Handlungskompetenz in der beruflichen Bildung wichtig ist. Zum anderen lehnen sich die Autor*innen an die Definition von Digitalkompetenz durch Anusca Ferrari an, da diese zum Ausdruck bringt, dass Digitalkompetenz etwas Vielschichtiges ist. In ihrem Modell bildet Digitalkunde eine Voraussetzung sowohl für die Anwendung digitaler Medien als auch für eine reflektierte Teilhabe.

Perspektive der Kompetenzträger*innen auf Kompetenz einbezogen?

Im Rahmen von Befragungen hatten Studierende aller beruflichen Fachrichtungen Gelegenheit, ihr Verständnis von Digitalkompetenz darzustellen. Medien- und Digitalkompetenz verbinden sie häufig mit dem Anwenden - sei es das Handeln mit Anwendungen oder Geräten. Die praktische Anwendung ist ihnen wichtiger als die Beobachtung im Rahmen von Lehrveranstaltungen. Des weiteren beteiligten sich an der inhaltlichen Validierung des Modells Vertreter*innen berufsbildender Schulen, von Studienseminaren und der Hochschule sowie Studierende und Tutor*innen.

Lebenskontexte der Kompetenzträger*innen einbezogen?

Das DiLbeS-Modell bezieht Rahmenbedingungen auf unterschiedlichen Ebenen ein, die den Kompetenzerwerb beeinflussen können. Zum einen ist dies auf organisationaler Ebene die technische Infrastruktur einer Bildungseinrichtung sowie deren Organisationskultur. Auf Ebene des Individuums können sind es etwa Selbstwirksamkeit, Technikbereitschaft oder die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.

Herausforderungen der Erfassung von Kompetenz

Die Autor*innen sehen eine Schwäche ihres Vorgehens darin, dass ihr Modell ausgehend von nur wenigen bestehenden Kompetenzmodellen konzipiert wurde.

Zentrale empirische Befunde über Kompetenz

Die Studierenden nehmen Dieter Baackes Dimensionen der Mediennutzung und Mediengestaltung als wenig trennscharf wahr. Sie verbinden mit Medien- und Digitalkompetenz am ehesten die Anwendung digitaler Medien. Zudem machen sie am Handeln mit digitalen Elementen fest, wie sie ihre Digitalkompetenz bewerten. Auch Wissen bringen die Befragten mit Kompetenz in Verbindung. Dabei steht aber vor allem das Verständnis bestimmter Anwendungen im Fokus. Daneben sprechen die Studierenden Aspekte an, die in gängigen Kompetenzmodellen weniger zentral sind, so etwa Selbstwirksamkeit und Technikbereitschaft. Im Studium gefordert zu sein, sich aktiv mit digitalen Medien auseinandersetzen zu müssen und so den Umgang zu erlernen, bewerten sie als positiv. In der quantitativen Befragung wurden ebenfalls verschiedene Aspekte zu Medienkompetenz angesprochen, darunter etwa Wissen, Anwendung, Reflexion, Nutzung, aber auch motivationale Faktoren und Vermittlungsqualität. Daneben benannten sie pädagogische Aspekte und relevante Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die technische Infrastruktur.

Quellenangabe

Stolzenburg, A., Herzig, T., Wujciak-Jens, J., Babitsch, B., & Walkenhorst, U. (2023). DILBES – Ein Modell zur Entwicklung berufsbezogener Digitalkompetenz an berufsbildenden Schulen in der ersten Phase der Lehrer:innenbildung. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 18(2), 299-316. https://doi.org/10.3217/zfhe-18-02/16

Zuletzt geändert am 16. Juli 2024.