EDITORIAL

Daten

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Daten

Achtung, Kalauer! Kennen Sie den? Mein Passwort wurde gehackt, nun muss ich meinen Hund umbenennen. Was hier so leichtfüßig daherkommt, hat einen relevanten Hintergrund: den Schutz persönlicher Daten vor dem Zugriff Unbefugter. Doch wenn der Schutz unserer Daten eine so bedeutende Rolle spielt, warum tun wir uns besonders im Digitalen meist so schwer, souverän und kompetent unsere persönlichen Daten zu schützen? Damit beschäftigen sich die Ergebnisse der ersten Repräsentativbefragung im Projekt Digitales Deutschland.

Warum ist sie überhaupt so wichtig und was heißt das eigentlich, Datensouveränität?

 

Weil der selbstbestimmte Umgang mit persönlichen Daten im Zuge der Digitalisierung neue Anforderungen an die Handlungskompetenzen jeder und jedes Einzelnen stellt, haben wir uns dazu entschieden, „Daten“ zum Thema der vierten Ausgabe unseres Magazins „kompetent“ zu machen. Dazu betrachten wir das Verhältnis von Daten und Kompetenzen aus interdisziplinärer Perspektive und geben Einblicke in aktuelle themenbezogene Forschungsergebnisse aus dem Projekt Digitales Deutschland. 

Wenn Sie wissen wollen, welche Arten von Daten es gibt, warum Daten „das neue Öl“ sind und was zu tun ist, wenn persönliche Daten missbraucht wurden, liefert unsere wiederkehrende Rubrik „Fünf Fragen aus dem Netz“ Antworten auf diese und weitere Fragen. Ergänzend können wir Ihnen die „Begriffe2go“ ans Herz legen. Hier erfahren Sie u. a., was mit den Begriffen „Big Data“ und „Datenleck“ gemeint ist und worin der Unterschied zwischen Datenschutz und Datensouveränität besteht. 

Im Beitrag „Welche Datenkompetenz darf es bitte sein?“ zum Rahmenkonzept von Digitales Deutschland nimmt Dr. Niels Brüggen die Kompetenzmodelle unterschiedlicher Disziplinen zum Umgang mit Daten in den Blick und wirft die Frage auf, inwieweit der Medienkompetenzbegriff um das Konzept „Data Literacy“ erweitert werden müsste. 

Daten bestehen in der Regel aus Zahlen, aus denen Kurven, Grafiken und Statistiken erstellt werden können. Das schafft Vertrauen und wirkt glaubwürdig. Zahlen sind Fakten, denen schwerlich widersprochen werden kann. By the way: Im November 2022 betrug die monatliche Durchschnittstemperatur in Deutschland 6,4 °C. Aufgrund dieser vermeintlichen Unumstößlichkeit sind v. a. Unternehmen an unseren digitalen Datenspuren interessiert. Matthias Eberl, Journalist und Dozent für Datenschutzthemen, stellt in seinem Beitrag „Wie wir jeden Tag ersteigert werden, ohne es zu wissen“ die kapitalistischen Grundlagen heutiger Datensammlung und -verarbeitung dar. Dabei geht es u. a. um den Eisberg der Datenverarbeitung und die Versteigerung personalisierter Werbung durch „Real-Time Bidding“. Nach der Lektüre des Textes werden Sie Ihre Internetnutzung vermutlich in einem anderen Licht sehen. 

3,4 Stunden verbringen Jugendliche aktuell durchschnittlich im Internet. 2020 waren es sogar 4,3Stunden. Dabei hinterlassen sie jede Menge Datenspuren im Netz. Doch welche Annahmen haben Jugendliche über datenverarbeitende Prozesse, v. a. auf Social-Media-Plattformen wie Instagram oder TikTok? Im Artikel „Irgendwie ist es auch uncool“ geben Maximilian Schober und Louisa Bruch Einblicke in die Ergebnisse einer qualitativen Studie zum Umgang von Jugendlichen mit algorithmischen Empfehlungssystemen. Die Studie ist im Rahmen des Forschungsverbundes Digitales Deutschland am JFF entstanden. 

Im Gegensatz zu Jugendlichen nutzen Menschen im höheren Lebensalter digitale Medien weniger und fallen deshalb im digitalen Wandel eher zurück, so eine gängige Meinung. Unser Verbundkollege Dr. Peter Schmitt von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg weist im Artikel „Von Datenbergen der Zukunft und würdevollem Altern“ auf den „Grey Digital Divide“ hin und erklärt, wieso zielgruppenspezifische Angebote zur Kompetenzförderung im digitalen Bereich ein würdevolles Altern unterstützen.  

Prof. Dr. Dagmar Hoffmann und Dr. Laura Sūna von der Universität Siegen setzen sich mit den Datenpraktiken von Internetnutzer*innen und Unternehmen auseinander. In ihrem Artikel „Von Datenspuren und Datenbewusstsein im Alltag“ reflektieren die Verbundkolleginnen die omnipräsente Datenerhebung und -verarbeitung und zeigen auf, welche Faktoren uns im täglichen Leben mitunter daran hindern, selbstbestimmt die eigenen Daten zu verwalten. Eine Frage: Wie oft haben Sie heute schon Cookies akzeptiert? 

Wie können Daten gemeinwohlorientiert genutzt werden? Das erprobt aktuell der Deutsche Caritasverband e. V. Im Projekt „Lernende Systeme in der Beratung“ sollen Daten gebündelt und KI genutzt werden, um die Sozialberatung der Caritas zu verbessern. Teresa Grenzmann hat im Gespräch mit der Projektkoordination die Hintergründe und Ziele des Anliegens reflektiert. Lesen Sie dazu unser Interview „Auf dem Weg zum Wissensschatz der Caritas“.  

Und wie sieht es hierzulande mit der Digitalisierung der Verwaltung aus? Innerhalb der Datenstrategie der Bundesregierung wird konstatiert, dass Deutschland bislang kein „führendes Datenland“ ist. Wieso der große Durchbruch bisher nicht gelungen ist und was der Schlüssel hierfür wäre, beschreibt Dr. Michael Räckers, Geschäftsführer des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Münster, in seinem Beitrag „E-Government braucht E-Kompetenzen“. Seit fast zwanzig Jahren arbeitet er an den Themen E-Government und Verwaltungsmodernisierung.  

In vielen Anwendungsbereichen entsteht ein Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Datennutzung: Der Optimierung und Vereinfachung komplexer Prozesse – erinnert sei an dieser Stelle an den flächendeckenden Einsatz unterschiedlicher Corona-Warn-Apps – steht die Gefahr unternehmerischer Kontrolle und staatlicher Überwachung gegenüber. Insofern ist die digitale Vermessung der Welt und das „quantified self“ eine Herausforderung für jeden Menschen. Dr. Irina Zakharova, Wissenschaftlerin am Institut für Informationsmanagement und an der Universität Bremen mit den Schwerpunkten Critical Data Studies und Datafizierung der Bildung, weist auf die Kategorisierung im Zuge von Datenverknüpfungen hin, die Benachteiligung und Diskriminierung nicht nur im Falle falscher Zuordnungen befördern können. In ihrem Artikel „Daten und Datenpraktiken in einer digitalisierten Welt“ betont sie die Relevanz kritischer Reflexion und erläutert, inwiefern unser individuelles Erfahrungswissen uns dabei helfen kann. 

Nicht zuletzt werfen in der Rubrik „Lieber Mensch“ diesmal die Daten einen kritischen Blick auf unser Verhältnis zu ihnen und stellen die menschliche Datenhörigkeit infrage. Wo wir gerade beim Thema sind: Im Entstehungsprozess dieser Magazinausgabe hat die weltweite Bevölkerungszahl die Acht-Milliarden-Marke geknackt – acht Milliarden Menschen, denen ein selbstbestimmtes Leben in einer datafizierten Welt ermöglicht werden muss.

Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre unseres Magazins und freuen uns über wohlwollendes wie kritisches Feedback, Anregungen oder Fragen, gern auch zur nächsten Ausgabe zum Thema „Diversität und Teilhabe“, die im Frühjahr 2023 erscheinen wird. 

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